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 |  Insolvenzen vorbeugen – Erfolg sichern für die Post-Corona-Zeit

Insolvenzen vorbeugen – Erfolg sichern für die Post-Corona-Zeit

 

Der Anstieg an Insolvenzen oder die oft erwähnte „Pleitewelle“ scheint zurzeit nur aufgeschoben worden zu sein. Zahlreiche Unternehmen sollten deshalb sehr aufmerksam ihre tatsächliche Lage erörtern und gegebenenfalls Maßnahmen treffen, um ihren Fortbestand zu sichern. Auch der Strukturwandel fordert eine solide Überprüfung der Marktausrichtung.

Die Bundesregierung hatte Anfang 2020 die Meldepflicht für Insolvenzen, welche allein durch die Pandemie verursacht wurden, vorläufig ausgesetzt. Seit dem 1. Mai 2021 ist diese Regelung aufgehoben. Experten schätzen einhellig, dass in den kommenden Monaten und Jahren die Zahl der Insolvenzen im Vergleich zu den Vorjahren wachsen werde. Zahlreiche Unternehmen sollten – auch wegen des allgemeinen Strukturwandels – ihre Liquidität, Geschäftsmodelle und Marktausrichtung eingehend prüfen, um durch rechtzeitige Restrukturierungen und Refinanzierungen kritische Phasen zu beenden oder zu vermeiden.

Die Wirtschaft erlebt herausfordernde Zeiten. Einerseits schätzen die Bundesregierung, internationale Organisationen und Wirtschaftsforscher in ihren Prognosen für 2021 ein zu erwartendes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von durchschnittlich 3,5 und für 2022 von rund 4,2 Prozent. Andererseits sind zahlreiche Branchen von der Pandemie sehr stark getroffen worden. Die bestehende wirtschaftliche Notlage vieler Unternehmen wird heute zwar noch nicht in einem Anstieg der Insolvenzen sichtbar. Aber 2020 machte in Westeuropa jedes fünfte Unternehmen keine Gewinne. „Nach dem Corona-Einbruch dürften insbesondere auch diese Unternehmen das Insolvenzpotenzial der kommenden Jahre bilden“, – so Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.

Das ESRB (European Systemic Risk Board) schätzt, dass es 2021 in Westeuropa im Vergleich zum Jahr 2019 zu einem Anstieg der Insolvenzen 2019 um circa 32 Prozent kommen würde. Das Board empfiehlt daher für Unternehmen mit einer relativ günstigen Prognose Umschuldungen: Kredite sollten in Zuschüsse umgewandelt werden. Doch eine zuverlässige Fortführungsprognose ist nicht immer einfach.

Denn der entscheidende Liquiditätsbedarf entsteht, wenn das Working Capital wieder steigt und Investitionen notwendig werden, zum Beispiel in Produktionserweiterungen oder Digitalisierungen. Sollten aber Banken weitere oder neue Finanzierungen gefährdeter Unternehmen nicht mehr mitmachen, müssen private Investoren ihnen helfen oder es sind parallel Restrukturierungen vorzunehmen, um Insolvenzen zu vermeiden. Dass diese allerdings zunehmen würden, schätzt auch Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). „Wir gehen derzeit davon aus, dass sich ein möglicher Anstieg von Unternehmensinsolvenzen über mehrere Jahre hinziehen dürfte“, so Ossig.

Auch die mittelständischen Unternehmen müssen aufmerksam sein beim Übergang in die Post-Corona-Zeit – das belegt eine Corona-Sondererhebung der KfW: "Rund ein Drittel mittelständischer Unternehmen sahen bisher im Lauf der Pandemie ihr Eigenkapitalpolster abschmelzen", so Friedericke Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.

Eine weitere momentane Gefahr ist das Versäumen der Meldepflicht für Insolvenzen, die seit dem 1. Mai 2021 wieder gilt. Lucas Flöther vom Gravenbrucher Kreis, einer Vereinigung von Insolvenzverwaltern, erwartet dadurch zwar keinen plötzlichen Anstieg der Insolvenzen, aber er warnt vor schweren Versäumnissen aus Unwissenheit: „Es wird einige Zeit dauern, bis es sich herumgesprochen hat, dass die Antragspflichten nach wie vor gelten“, sagte Flöther im Gespräch mit Business Insider. Viele Unternehmen würden auch nach dem 1. Mai annehmen, für sie seien die Insolvenzantragspflichten ausgesetzt – mit entsprechend schwerwiegenden Folgen auch rechtlicher Art. Dabei ließe sich eine Insolvenz oder die Insolvenz in Eigenverwaltung als Teil einer strategischen Lösung für den mittel- oder langfristigen Erhalt eines Unternehmens konzipieren.

Zwar bleiben alle Experten zunächst weiterhin auf Schätzungen angewiesen, aber der Anstieg an Insolvenzen oder die oft erwähnte „Pleitewelle“ scheint zurzeit nur aufgeschoben worden zu sein. Zahlreiche Unternehmen sollten deshalb sehr aufmerksam ihre tatsächliche Lage erörtern und gegebenenfalls Maßnahmen treffen, um ihren Fortbestand zu sichern. Zugleich bietet der Strukturwandel die Möglichkeit einer Neuausrichtung oder der Einführung lukrativer Geschäftsmodelle – für den Erfolg in der Post-Corona-Zeit.